Schöpfung entdecken, bewahren und leben

Kleinfolgenreich aus Sicht einer Christin

Das Land, auf dem nach und nach die Vision von Kleinfolgenreich Gestalt annimmt, hat Max Baumann im letzten Jahr von der Evangelischen Kirche Anhalts/ Evangelischen Kirchengemeinde an der Fuhne gepachtet. Doch mit der Zeit lassen sich immer mehr Anknüpfungspunkte zwischen der Idee des Gemeinschaftsgartens und dem christlichen Glauben erkennen.
Auf welche Weise kann man Glauben in Kleinfolgenreich erfahren?

Gott zeigt sich uns Menschen auf so unzählig vielfältige Weise. Wenn man in Kleinfolgenreich einkehrt, ankommt und sich offen zeigt für Eindrücke der Natur, kann man Gott an diesem Ort begegnen. Ob nun beim Innehalten, wozu der Garten der Stille einladen wird, beim Gemeinschaft leben und feiern oder bei der Arbeit: Gottes Spuren werden erkennbar, gehen auf uns zu und verbinden uns miteinander. Und davon will Kleinfolgenreich leben: von einem Miteinander Engagierter aus Überzeugung. Ein Garten zum Teilen greift den Gedanken an die urchristliche Gütergemeinschaft auf. In der Apostelgeschichte im 2. Kapitel ist beschrieben, wie die zerstreuten Anhänger von Jesus nach seiner Auferstehung und Auffahrung in den Himmel ihr Hab und Gut verkauften und sich in füreinander sorgenden Gemeinschaften zusammenfanden. Gerade weil es in unserem Alltag oft nicht mehr vorkommt, dass unser Lebensmittelpunkt auch zugleich der Ort ist, an dem wir arbeiten, kann es heilsam sein, beides wieder zu zentrieren. Ora et labora. Bete und arbeite. Im Hinblick auf die Tradition der Klöster kann auch in Kleinfolgenreich Gelegenheit sein, Gebet und Arbeit als wesentliche Bestandteile des christlichen Lebens wieder zueinander finden zu lassen.
Und weil in Kleinfolgenreich freie und kultivierte Natur aufeinandertreffen, kann man vielleicht von Zeit zu Zeit erahnen, wie sich Adam und Eva im Garten Eden gefühlt haben, als sie die unberührte Schönheit der Natur umgab. Durch seine Inselartigkeit kann Kleinfolgenreich also vielleicht manchmal auch paradiesisch anmuten. Auf jeden Fall greift das alttestamentarische Bild der Arche Noah. Um einer großen Sintflut zu entgehen, beauftragt Gott Noah ein großes Schiff zu bauen, um für jeweils ein Paar der verschiedensten Tierarten und für seine Familie das Überleben zu gewährleisten. Hierhin ziehen sich auch bedrohte Arten zurück. Hier sollen die Bienen genug abwechslungsreiche Nahrung finden, wenn z.B. die alten Obstbaumsorten blühen und Vögel und Wild sich aus der flachen, wenig Schutz bietenden Umgebung zurückziehen.

Wir Christen haben die große Hoffnung, dass das Leben mit dem Tod nicht zu Ende ist und dass wir dann in Gottes Reich in seiner Gegenwart leben können. Im jetzigen Leben können wir, wenn wir in seinem Namen zusammenkommen, seinen Geist ganz nah spüren.
Der Name des Gemeinschaftsgartens verspricht auch ein Reich. Was dürfen wir hier erwarten? Ein Reichtum an sich entfaltender Natur, an Ideen und Kreativität sowie menschlicher Nähe?
Klar ist, dass das Reich uns einlädt, daran mitzutun. Denn viele kleine Schritte können etwas Großes bewirken. Darauf dürfen wir vertrauen.
Und darauf, dass wir jetzt für unsere Umwelt Bewusstsein entwickeln und mit einem durchdachten Engagement für die wirklich wesentlichen Dinge leben. Denn unser eigenes Handeln bleibt nicht folgenlos. Gott hat es uns zur Aufgabe gemacht, die Schöpfung zu bewahren. Er hat uns als Krone an erste Stelle gesetzt, um dieser Verantwortung mit all unserer Kraft und unserem besten Vermögen nachzukommen. So ist es höchste Zeit, Tiere und Pflanzen als Mitgeschöpfe anzuerkennen und uns für den Erhalt der Biodiversität, also einer reichen Vielfalt, stark zu machen.

Ohne es geplant zu haben, ergeben sich beim schrittweisen Entstehen von Kleinfolgenreich Gelegenheiten, symbolische Orte einzurichten.
So wollen wir auf einer gefliesten Terrasse einer ehemaligen Gartenlaube einen Tisch aus alten Zementsteinen errichten. Ein Tisch, der in Richtung Osten ausgerichtet ist, lädt ein zur Gemeinschaft mit Gott, zum Gebet und zum Gesang. Damit wenden wir uns auch der aufgehenden Sonne als Zeichen des auferstandenen Christus, in dessen Namen wir zusammen sind, zu. Vielleicht kann hieraus ein Ort lebendigen und bewegten Glaubens werden, zu Erntedankgottesdiensten oder zu Taufen und Abendmahlsfeiern im Freien. Da der Ortsfriedhof gleich an den Gemeinschaftsgarten angrenzt, könnte hier auch Raum für Trauerfeiern sein.

Kleinfolgenreich will viele Gäste empfangen. Dafür wurden Bauwagen erworben und werden zum Bewohnen wieder hergerichtet. Mit in der Entstehung begriffener Küche, Aufenthaltsraum und Komposttoilette kann es zukünftig Gruppen die Möglichkeit zur Übernachtung bieten. Es wäre schön, wenn hier ein Treffpunkt für z.B. Familien und Jugendliche entstünde, die das gemeinschaftliche Leben in seiner einfachen und zugleich intensiven Art erfahren wollen.

Neben dem Leben und Arbeiten soll in Kleinfolgenreich auch das Lernen großgeschrieben werden. Aus vielseitiger Initiative kann hier ein Lernort entstehen, wo generationsübergreifend von- und miteinander gelernt werden kann. Hier können beispielsweise grüne, kulturelle oder religiöse Inhalte thematisiert werden (z.B. Gartenbau, artgerechte Tierhaltung, nachhaltige Lebensweise beim Konsumverhalten, Energie, Wiederverwendung von gebrauchten Materialien, Heimische Tier- und Pflanzenwelt, Naturheilkunde, Kunst und Musik, Gott in der Natur …).

Kleinfolgenreich kann Menschen die Perspektive eröffnen, Gast auf Erden zu sein. Wer Kleinfolgenreich kennenlernt und daran mittut, kann erfahren, dass uns mit der Schöpfung ein großes Geschenk gemacht wurde. Unser Dasein auf der Welt hat aber auch etwas Endliches. So sollen wir unser Dasein so gestalten, dass die Erde ein Lebensraum für nachfolgende Generationen bleibt.